Stromboli Fuoco 2015 - Story
Die Vollmondnacht vom 15. auf den 16. August 1981 verbrachte ich zusammen mit meinem Schulfreund B auf dem 926 Meter hohen Stromboli. |
Irgendwann kam die Idee für eine Italienreise. Aber nicht nur bis Rom, nein, jetzt wollten wir nach Palermo auf Sizilien.
Ein Direktflug nach Palermo stand damals aus Kostengründen nicht zur Diskussion. Die Lösung war ein Bahn-Ticket Chiasso-Palermo retour für ca. 150 Franken, gebucht via SSR Büro in Luzern. Bahnfahren in der Schweiz war, verglichen mit Italien, schon damals recht teuer. Wir mussten also noch eine Lösung für die Strecke Luzern-Chiasso finden. B gewann im selben Frühjahr bei einer Tombola einen Alpenrundflug ab dem Flugplatz Beromünster. Und so kamen wir auf die Idee die Alpen mit einem Kleinflugzeug zu überqueren. Die Abklärungen mit Beromünster hatten ergeben, dass dies möglich sein würde. «Autostopp» war für die Strecke Hinterland-Flughafen Beromünster vorgesehen.
Am Montag, 3. August, 1981 starteten wir unsere Reise nach Süditalien. Es war kühl und bewölkt. Ein Überflug der Alpen war leider nicht möglich. Die Lösung war nun per «Autostopp» bis nach Luzern und weiter nach Chiasso mit der SBB. Dort hatten wir in Richtung Süden keinen vernünftigen Anschluss. Also richteten wir unser erstes Nachtlager in Chiasso, in der Nähe des Bahnhofs, hinter einer alten Kapelle ein. Gegen Mitternacht wurden wir von einer Polizei-Patrouille aufgeweckt. Am nächste Morgen sind wir dann im Bahnhof von Chiasso aufgewacht.
Am Dienstag, 4. August, ging die Reise im Zug weiter. Zuerst via Florenz nach Rom und dann in einem anderen Zug weiter in Richtung Kalabrien. Am Mittwoch, 5. August 1981, frühmorgens, kurz nach Neapel, sah ich zum ersten Mal das Meer. Wir standen fast pausenlos im Gang am offenen Fenster. Wir wollte möglichst viel von Italien reinziehen. Gegen Mittag kamen wir in Villa San Giovanni an. Dort wurde der Zug auf eine Fähre verladen und nach Messina gebracht.
In Messina haben wir den Direktzug nach Palermo verlassen und stiegen später in einen ziemlich heruntergekommenen Regionalzug. Dieser hielt bei jeder Station an und kam so nur langsam in Richtung Palermo vorwärts. Beim Studium der Karten sind wir irgendwann auf die Liparischen Inseln gestossen … und hängen geblieben. Palermo war vergessen und wir verliessen in Milazzo den Zug und fuhren mit einer Fähre weiter nach Vulcano. |
Am Mittwoch, 5. August, abends um 22.00h kamen wir in Vulcano an. Nachdem wir uns mit Essen und Trinken eingedeckt hatten und bei einem Camping feststellen mussten, dass die Preise aus unserer Sicht zu hoch waren, zogen wir im Dunkeln an den Strand. Dort trafen wir eine Gruppe Italiener aus Neapel. Sie nahmen uns auf und wir konnten uns, nach einigen Diskussionen am wärmenden Lagerfeuer, in unsere Schlafsäcke verkriechen.
Am Donnerstag, 6. August, erwachten wir auf Vulcano an einem Sandstrand. Voller Freude stiegen wir zum ersten Mal ins Meer und mussten dann aber gleich feststellen, dass dies zu früher Morgenstunde keine gute Idee war. Quallen! Sie steigen am Morgen an die Oberläche und sinken gegen Mittag wieder ab. Baden im Meer hat dort erst ab Mittag richtig Spass gemacht. Die ersten Tage verbrachten wir im Hafen-Dorf und am Strand. |
Am ersten Wochenende kehrten die Italiener mit dem Schiff nach Neapel zurück. Für sie waren die Ferien zu Ende. Wir hingegen trafen Österreicher, welche in einer Bauruine hausten, und konnten bei denen auf dem Dach schlafen. Jetzt hatten wir einen festen Schlafplatz und konnten mit der Erkundung der Insel Vulcano beginnen. Als erstes war nun der Grosse Krater an der Reihe. B und ich bestaunten die gelben Schwefelkristalle die als feiner Staub die Steine überzogen und genossen vor allem auch die Aussicht auf die benachbarten Inseln Lipari, Salina und Panarea. Besonderen Spass machte uns das Heruntergleiten auf den mit kleinen Bimssteinen bedeckten Abhängen. Unten gab es dann Pizza und Bier.
Wir konnten uns vorstellen, die Ferien hier auf Vulcano zu verbringen. Neben dem Schlammbad gabe es noch viele kleine Strände, die für genügend Abenteuer reichten. Aber dann kam am Donnerstag, 13. August, eine zweite Gruppe Österreicher dazu. Diese planten am kommenden Tag einen Ausflug zum Stromboli. Der Stromboli gehörte eigentlich nicht zu unseren Zielen; doch als wir uns mit den Österreichern bei einem Bier unterhielten, stieg in B und mir das Interesse immer mehr, und wir entschlossen uns noch am selben Abend für das Stromboli Abenteuer. |
Am Freitag, 14. August, bestiegen wir am frühen Nachmittag im Hafen von Vulcano ein Linienschiff, welches von Palermo nach Napoli unterwegs war. Schon bald nach der Abfahrt in Vulcano zogen Wolken auf. In Stromboli verliessen wir das Linienschiff bei strömendem Regen via den kleinen Ausgang, knapp über der Wasseroberläche. Ein Taxi-Boot brachte uns zum Landesteg. Wir waren insgesamt etwa ein Duzend Reisende, die sich gleich nach Ankunft, um zirka 22.00h, in das einzige noch offene Restaurant verkrochen. Die Mamma servierte uns eine feine Minestrone und zartes Fischfleisch. Nach ein paar Boccalini mit einheimischem Wein machten wir uns auf die Suche nach einem Nachtlager. B und ich fanden in der Nähe des Hafens einen kleinen Schuppen, welcher für die Unterbringung der Fischernetze diente. Wir legten uns dort in unsere Schlafsäcke und erwachten erst wieder, als uns ein Fischer mit einem freundlichen «Buongiorno» aufweckte.
Der 15. August überraschte uns mit tiefblauem Himmel. Ein fantastischer Tag. B und ich machten uns, zusammen mit 3 Österreichern, für den Aufstieg auf den Stromboli bereit. Wir kauften Wein, natürlich in strohumflochtener Flasche, Pizza und etwas Süssgebäck. Für den Aufstieg war auch noch etwas Wasser dabei. |
Am späteren Vormittag machten wir uns zu fünft auf den Weg zum Gipfel. Anfänglich führt der Weg durch enge Gassen. Später durchquert der Weg eine Ebene mit hohen Sträuchern und weiter bis zur «Sciara del Fuoco». Auf diesemWeg, heute als «Alte Route» bezeichnet, sieht man schon von ganz unten die Vulkankrater. Der «Alte Weg» führt direkt am Rand der «Sciara del Fuoco» hinauf und ermöglicht die freie Sicht auf die bis ins Meer hinunter donnernden Lavabrocken. |
Nach ca. 3-4 Stunden kamen wir auf dem Gipfel an. Ein imposanter Rundblick war schon mal eine unvergessliche Belohnung. In der Ferne sahen wir, wie sich über dem Meer eine gewaltige Gewitterzelle aufbaute. Auf der einen Seite dunkle Wolken und auf der anderen die untergehende Sonne. Kurz nach Sonnenuntergang erschien auch schon der Vollmond über dem Horizont. Mit fortschreitender Dämmerung wurden die Vulkanausbrüche immer eindrucksvoller. Sie waren stets von einem gewaltigen Gefauche begleitet. Die drei Österreicher brachen gegen 21.00h auf und begaben sich auf den zirka zweistündigen Rückweg. |
Jetzt waren B und ich alleine auf dem Berg. Als es kühl wurde und der Wind zunahm rollten wir unsere Schlafsäcke hinter einer ca. 30 cm hohen Schutzmauer aus Lavasteinen aus. Liegend beobachteten wir das sich etwa alle 20-30 Minuten wiederholdende, feurige Schauspiel. Am Boden liegend spürte man jeweils ein paar Sekunden vor dem Ausbruch ein leichtes Beben. Die Stimmung auf dem 926 Meter hohen Stromboli war einmalig und naturgewaltig … Wenn der Vulkan nicht gerade ausbrach, dominierte die absolute Stille. In der Ferne beobachteten wir ein Gewitter, dessen Blitze sich im Meer entluden. Vor uns liess der Vollmond sein Licht von fern über das Meer bis an die Ufer des Stromboli tanzen. Und hie und da zog noch eine Sternschnuppe vorbei. In der Ferne waren vereinzelt schwache Lichter von den Nachbarinseln zu sehen. Wir genossen das Schauspiel, die Stimmung und den Wein und merkten dabei nicht, wie schnell die Nacht vorbeiging. Und als die Dämmerung einsetzte, rollten wir die Schlafsäcke wieder zusammen und machten uns auf den Rückweg. Um 7h waren wir wieder im Hafen von Stromboli.
Als die ersten Sonnenstrahlen kamen legten wir unsere Schlafsäcke zum Trocknen aus. Dann gab es Kaffee und Süssgebäck in einer nahegelegenen Bar. Mit einem Tragflügelboot gingen wir gegen Sonntagmittag zurück nach Vulcano.
Am Montag, 17. August, 16.00h, verliessen wir Vulcano mit einem Linienschiff in Richtung Neapel. Am vergangenen Freitag stellten wir fest, dass in Lipari bei den Personen, welche das Schiff verliessen, keine Kontrolle gemacht wurde. Wir vermuteten, dass es auch in Neapel keine Kontrolle geben würde. Und so kauften wir lediglich ein Ticket von Vulcano nach Lipari für 550 Lire.
Am nächsten Morgen kamen wir um 06.00h in Neapel an. Wir liefen zwischen den Autos vom Schiff. Nirgends eine Kontrolle … und wir hatten 22'000 Lire gespart.
Wir gruben unser SSR Bahn-Ticket wieder aus und begaben uns zum Bahnhof. Via Rom, Florenz, Mailand fuhren wir in Richtung Schweiz. Wir nahmen jeweils den letzten Zug und verbrachten die Tage in den Städten.
Am Freitagabend, 21. August 1981, waren wir wieder zu Hause. |